Donnerstag, 25. Oktober 2007

Farbenfrohe Durstlöscher.

Was trinken Singapurs Ottonormalverbraucher Ah Beng und Ah Lian am liebsten?



Eine Geschichte, die ich gerade für xin.sg geschrieben habe: eine persönliche Richterskala für die – meiner Meinung nach – zehn typischsten Getränke des Inselstaates.

Herrlich! Ein besseres Getränk gibt es für die Tropen nicht: frischgepresster Limonensaft. Wem sich beim Trinken keine süß-saure Fröhlichkeit einstellt, der hat wirklich unheilbar schlechte Laune. Wohlwollende Verkäufer schmeißen gerne großzügig ein paar ganze Früchte mit hinein – ein echtes Allheilmittel gegen Zornesfalten und Denkblockaden.
Wertung:





Nein, tut mir leid. Xiancao 仙草, wörtlich: Kraut der Unsterblichkeit, geht gar nicht. Das colafarbene Gesundheitsgetränk mit dem Wunderstoff Gynostemma pentaphyllum schmeckt so scheußlich wie es gut für den Körper ist. Die sagoähnlichen Pflanzenstreifen machen das Trinken etwas kompliziert, soll ich schlucken oder doch erst kauen? In der südchinesischen Provinz Guizhou wird Xiancao angeblich besonders ausgiebig konsumiert, die überdurchschnittlich hohe Dichte an über 100jährigen in der Provinz wird gerne damit in Verbindung gebracht. Mag sein, ich sterbe lieber früher.
Wertung:





Ist Ihnen der Kauf einer Dose Eistee zu unspektakulär? Dann ist Zuckerrohrsaft genau das Richtige! Der Verkäufer zieht die unbehandelten Stangen durch seine verchromte Pressmaschine, der Saft spritzt, die Maschine glitzert und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nicht ganz so erfrischend wie Limonensaft, aber trotzdem: Daumen hoch.
Wertung:





Das ist sicher die merkwürdigste Farbe für ein Lieblingsgetränk der Singapurer – pink!
Ban Dung besteht aus (gesüßtem) Rosenwasser und (Kondens-)Milch. Angeblich soll das Getränk ausgerechnet von einem englischen Teehasser erfunden worden sein, der auf der Suche nach einer erfrischenden Alternative einen indischen Straßenverkäufer beim Zubereiten von Rosenwasser beobachtete und dann selber mit Tee, Rosen und Milch experimentierte. Dabei blieb der Tee auf der Strecke. Macht nichts. Lecker!
Wertung:





Milo Dinosaur, was ein Name für ein Getränk! Das 1934 von einem Australier erfundene Nesquik-Derivat Milo (benannt nach dem antiken Ausnahmeathleten Milon von Kroton) ist Grundnahrungsmittel vieler Singapurer, besonders in der hier vorgestellten Variante: kalt, mit Eiswürfeln und einer Extra-Schicht unverrührtem Schokopulver obendrauf. Klassisches Nachtgetränk oder als Ergänzung zu einem Roti Prata-Mitternachtssnack. Nur will ich danach nicht wie der antike Grieche ringen, sondern nur noch schlafen. Daher nur zwei Punkte.
Wertung:























Ja, wat jibbet Besseres als nach einem anstrengenden Trainingslauf durch die äquatorialen Tropen als in Ruhe ein frisch eingeschenktes Tigerbier zu trinken? Außer Limonensaft kommt da nichts heran. Eine gelungene und gemutliche Art, ganz entspannt das Wochenende einzuläuten.
Wertung:





Was für den Deutschen das Bier, ist für den Chinesen seine Sojamilch. Meine schwarzköpfigen Kollegen trinken das Zeug als ginge es um ihr Leben (senkt ja auch bekanntlich den Blutdruck und so weiter). Trotzdem: sieht aus wie Kleister, riecht und schmeckt ähnlich. Danke, nein.
Wertung:





Um beim Alkohol zu bleiben: Gerstensaft einmal nicht als Synonym für Bier, sondern tatsächlich als Gerstensaft – die Getreidevariante des Kinderschockers Lebertran, der komplette Inselnachwuchs kriegt den Saft zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendbrot vorgesetzt. Die Leichensuppe schmeckt aber besser als ihre blässliche Farbe verspricht. Ich bin zwar schon groß, schaden kann’s trotzdem nicht.
Wertung:





Kopi, der klassische Singapurer Kaffee, ist stark, dickflüssig und besteht fast zur Hälfte aus extrem süßer Kondensmilch. Diese Koffeingranate macht wach und unternehmungslustig. Wer nicht die ganze Nacht wachbleiben möchte, sollte von einer Bestellung nach 16 Uhr besser absehen.
Wertung:





Teh Tarik: indischer Milchtee, ausgezeichnet! Schwarztee gemixt mit süßer Kondensmilch, vom dunkelhäutigen Koch mit theatralischer Geste von einem Becher in den anderen geschwenkt. Heiß, süß, das ideale Siestagetränk.
Wertung:






(Sollte sich ein Leser oder eine Leserin wundern, dass hier Singapurs bekanntester Cocktail, der "Singapore Sling", fehlt, so liegt das daran, dass den außer den Touristen in Singapur niemand trinkt.)

Montag, 15. Oktober 2007

Zeitgeschichte zum Anfassen.

Zu Besuch im ersten chinesischen Spielzeugmuseum


Das älteste deutsche Spielzeugmuseum steht im thüringischen Sonneberg, sein französisches Pendant in Moirans. Chinas erstes Spielzeugmuseum befindet sich in – Singapur. Hinter dem ungewöhnlichen Projekt steht ein Mann: Marvin Chan. Der gelernte Grafikdesigner aus Hongkong hat seine Sammelleidenschaft zum Beruf gemacht. „Ich mag Design, ich liebe Geschichte und ich sammle Spielzeuge. In diesem Haus kommt alles zusammen“, sagt der 42-jährige mit ausladender Geste.

Sein persönliches Erweckungserlebnis hat Chan 1993 bei einem Besuch des Kitahara Tin Toy Museum in Yokohama, das ausschließlich japanische Produkte ausstellt. „Ab da wusste ich, das will ich für chinesisches Spielzeug machen und nachfolgenden Generationen weitergeben.“

Was Chan von anderen Sammlern unterscheidet, ist, dass er sich für die Geschichte der chinesischen Spielzeugindstrie und seine kreativen Akteure interessiert. So reist er 1990 erstmals nach Shanghai – „die Stadt fasziniert mich seit meiner Jugend“ – und recherchiert vor Ort. Gerade erst ist Chan von einem zweiwöchigen Filmdreh in der Stadt am Huangpufluss zurückgekehrt. Zusammen mit Freunden produziert der umtriebige Sammler zur Zeit eine Dokumentation über ehemalige Arbeiter und Designer der chinesischen Spielzeugindustrie.

Doch nicht nur sein Direktor, auch die Lage des Privatmuseums ist ungewöhnlich, Rowell Road Nummer 83 liegt mitten im Rotlichtviertel von Little India. Als Chan zusammen mit seiner Frau Serene das Museum im November 2005 eröffnet, ist nicht nur die Lage für viele Besucher ungewohnt. „Etliche Leute waren erstaunt, dass sie für ein Museum Eintritt bezahlen sollen. Die meisten Singapurer kennen eben nur staatliche Einrichtungen, die kostenlos sind.“

Warum sein Haus eigentlich Museum of Shanghai Toys heisse, wenn es doch Spielzeug aus ganz China ausstelle? „Bis anfangs der 80er war Shanghai Zentrum der chinesischen Spielzeugproduktion“, erklärt der 42-jährige.

Der Großteil seiner Besucher kommt aus Singapurs Kindergärten und Grundschulen. Ob sich den Kleinen der politische und historische Kontext vieler seiner Ausstellungsstücke überhaupt erschließen könne? Malvin Chan lächelt schmerzhaft. „Das Museum muss wirtschaftlich sein.“
Der überdimensionierte Teddybär am Eingang, der so gar nicht zu den filigranen Puppen der 20er Jahre und den Rotgardisten aus der Kulturrevolution passen will, ist sicher das deutlichste Zugeständnis an die Notwendigkeit, Kulturarbeit in Singapur profitabel und leicht verdaulich zu gestalten.

„Manchmal fragt mich meine Frau, warum wir kein normales Leben führen können“, lacht Chan. „Aber ich rauche nicht, trinke nicht, fahre kein Auto, mein Geld fließt ausschließlich in diese Sammlung.“
3000 Stücke aus 100 Jahren Spielzeuggeschichte nennt Chan sein eigen, ein Drittel davon präsentiert er in schlichten, gut ausgeleuchteten Glasvitrinen auf drei Stockwerken.

Sein Fazit kurz vor dem 2-jährigen Jubiläum im November? „Ich hoffe, das Museum irgendwann nach China bringen zu können, da gehört es eigentlich hin“, sagt er nachdenklich. Bis es soweit ist, wird er weiter sammeln.


Info:
Museum Of Shanghai Toys
83 Rowell Road
Singapore 208015
Telefon: 65 6294 7747
http://www.most.com.sg

Öffnungszeiten
Di – So 11 bis 19.00
(montags geschlossen)

Eintritt
S$8 (Erwachsene) / S$5 (Kinder/Schüler/Studenten)

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Donnerstag, 4. Oktober 2007

Arts Singapore 2007 - Kreatives (An-)Schaffen.


Die beeindruckende Vielfalt der asiatischen Kunstszene macht die Arts Singapore 2007 dem Besucher von Beginn an deutlich. Die Kunstmesse, die vom 4. bis 8. Oktober in Halle 404 im 4. Stock der Suntec City zu sehen ist, zeigt Werke junger und arrivierter Künstler aus dem Fernen Osten.

(Insgesamt werden rund 15.000 Besucher die Messestände von 87 Gallerien mit Werken von Künstlern aus 16 Nationen gesehen haben. Bereits im November dieses Jahres ist die Messe 2008 zu 80% ausgebucht.)

Auffällig dabei: Mao als kreatives Thema macht nach wie vor (bzw. aufgrund der Nachfrage aus dem Westen einen immer größeren Anteil) an den Werken chinesischer Künstler aus. Ich weiß nicht inwieweit das dem Markt oder einem tatsächlichen Aufbearbeitungsbedürfnis geschuldet ist.

Amüsant, provokant, witzig sind die meisten jedoch mit Sicherheit.

Hier eine kleine Auswahl: